BMW Days 2022: Verloren in Berlin?

Hersteller sieht erfolgreiche Berlin-Premiere, Garmisch-Fans enttäuscht - so lautet die Zusammenfassung eines Events Anfang Juli, das wie wohl kein anderes Ereignis wie sonst in vielen Jahren zuvor die BMW Motorrad-Fangemeinde so polarisiert hat wie die „BMW-Motorrad Days 2022“ in Berlin. Der Umzug des weiß-blauen Happenings nach 18 Jahren von Garmisch-Partenkirchen in die Bundeshauptstadt hat bereits anlässlich der Ankündigung des Standortwechsels im vergangenen Jahr für mächtig Wirbel gesorgt. Ich möchte in diesem Speedlog den Versuch einer objektiven Betrachtung wagen.

O-Ton des Herstellers nach der Premiere seines weltgrößten Kundentreffens, das erstmals nicht in Bayern respektive Seefeld (Österreich, wo alles begann) stattfand, sondern in Preußen: „Die 20. Auflage der BMW Motorrad Days am 2. und 3. Juli war ein voller Erfolg. Unmittelbar davor fand am 1. Juli das Pure & Crafted-Festival statt. Während des gesamten Wochenendes waren auf dem Messegelände in Berlin ca. 17.000 Besucher aus über 40 Nationen bei BMW Motorrad zu Gast und sorgten für eine unvergleichliche Stimmung.“

Da ich die vergangenen zwei Wochen ans Krankenbett gefesselt war, habe ich die Veranstaltung zum Teil leider nur im Netz mitverfolgen können. Digital hat BMW die Show sicherlich ganz gut rübergebracht und umfassend und attraktiv informiert. Allerdings überwogen in den BMW-Foren oder auf Facebook, Instagram & Co. die kritischen und fast durch die Bank ablehnenden Postings der Fans. Verwundert war ich etwas darüber, dass die Social-Media-Abteilung von BMW nur auf positive Postings reagierte. Kein Sterbenswörtchen zum sonstigen Kundenfeedback, auch wenn es konstruktiven Charakter hatte. Das verstehe ich nicht! Wenn bei mir jemand einen Kommentar hinterlässt, bekommt er in der Regel eine schnelle und fundierte Antwort. Das bin ich meinen Fans und Followern einfach schuldig. Social-Media ist Rückkopplung und eröffnet im Diskurs mit seiner Fangemeinde Verbesserungspotenzial. Chance verpasst, liebes BMW Motorrad-Team!

Da ich selbst leider nicht vor Ort sein konnte, habe ich meinem Bikerfreund Dieter Schneider von Fellowsride um eine Einschätzung gebeten. Dieter machte sich selbst an drei Tagen ein Bild vor Ort von den BMW Days in Berlin. Hier sein ungekürzter und unfiltrierter Kommentar:

„Lost in Berlin – Die BMW Motorrad Days ziehen vom Dorf in die Großstadt.
Selbst die R18, das dicke Flaggschiff von BMW, verliert sich in den Hallen des von Größenwahn geprägten Nazi-Baustil. Mit der Messe Berlin hat sich BMW-Motorrad eine interessante Location ausgesucht. Das Restaurant und das Cinema im sachlichen Bauhausstil der sechziger Jahre. Der große Sommergarten, wo die Hauptbühne steht und den ganzen Tag bespielt wird. Das Gelände ist groß und weitläufig. Offensichtlich zu groß und überdimensioniert für die BMW-Motorrad Days. Das Publikum verliert sich. Die Fläche vor der Bühne ist leer. Das Cinema und die Ausstellungshallen nur mäßig besucht. Am Samstagmorgen ruft pünktlich 10.00 Uhr die Moderatorin ein lautes „Hallo Berlin“ ins nicht vorhandene Publikum.

Als sie die internationalen Besucher aus ihren Ländern begrüßt wird es albern. Es ist kein Mensch da! Sie spricht ins weite leere Rund. Es wird sich während des Tages nicht großartig ändern, weil die Sonne auf den Bühnenvorplatz knallt und man es dort nicht lange aushält. Für einen Moderator kann das ziemlich frustrierend sein.
Mein Film ‚Ride don`t hide‘steht um 10.30 Uhr auf dem Programm im Cinema. Die übereifrige Security lässt mich und zwei Besucher nicht rein. Wobei ich nicht sicher bin, ob die beiden zum Film oder zum WC wollen. Erst als die BMW-Mitarbeiterin kommt, dürfen wir rein. Leider ging der Film im Vorfeld der Organisation verloren. Daher blieb mir, nur meinen Vortrag um 12.00 Uhr zu halten. Zu Beginn verloren sich zwei Pärchen im Saal. Am Ende waren es dann 30 Besucher. Es kann an meiner fehlenden Anziehungskraft gelegen haben, es kann aber auch an dem nichtvorhandenen Informations- und Leitsystem gelegen haben. Man findet nichts auf dem riesigen Gelände. Man weiß weder wo noch wann ein Film gezeigt wird, ein Showact beginnt oder die Steilwandfahren im Motodrom ihr Leben riskieren.

Nicht nur ich fühlte mich verloren. Das Gelände ist für das Monomarken-Angebot von BMW-Motorrad und der Aussteller überdimensioniert. Man wird das Gefühl nicht los „hier ist nix los“. Das kuriose war, das an den wenigen aber guten Cateringständen den ganzen Samstag über Schlangen anstanden. Nicht auszudenken washier passiert wäre, wenn Besucherzahl so groß geworden wäre, wie es das Gelände es zulässt? Man stand für ein Bier schonmal eine halbe Stunde an. Wie soll da Stimmung aufkommen?

Am Sonntag gab es dann auch keine Schlangen mehr, weil noch weniger Besucher da waren als Samstag. In Berlin selbst war die Motorradmesse von BMW nur eine Randnotiz. In der Stadt war halt mal wieder richtig viel los. Am Sonntag waren einige Straßen wegen eines Radrennens gesperrt, sodass wir Mühe hatten an die Messe zu kommen. Berlin ist nicht Garmisch. Aber ich hatte nun mal den Vergleich vor Augen. 2016 war ich bei den BMW-Motorrad Days in Garmisch. Was für ein Spektakel, was für ein Fest. Ganz Garmisch war Motorrad. Es wurde gecampt, geschaut und gefeiert. Es brannte die Luft. Die Organisation war routiniert perfekt. Berlin glich eher einer schlecht organisierten Hausmesse von BMW-Motorrad. Ich habe noch keinen plausiblen Grund gehört, warum man einen so erfolgreichen Event mit Tradition von Garmisch nach Berlin legen muss. Von den Zulassungszahlen in Bayern und Baden-Württemberg träumen Brandenburg, Berlin und McPom. Die Anfahrt nach Berlin ist für Motorradfahrer lang und eher langweilig im Vergleich zu den Bayerischen Alpen um Garmisch.

Sorry, ich verliere ich mich in der großen Frage nach dem Wieso und Warum. Die BMW-Leute sagten auf die Frage ihren Spruch auf, „man kann das nicht vergleichen.“ Stimmt. Aber als Kunde von BMW-Motorrad und einem Fan meines lokalen BMW-Händlers darf ich das vergleichen.

Mein Fazit: Berlin bleibt immer eine Reise wert, aber nicht zwingend zu den BMW-Motorrad Days auf dem Messegelände. Und das mit der Organisation entspricht nicht dem Qualitätsstandard, den man von BMW gewöhnt ist. Da ist noch so viel Luft nach oben, wie man sie in der gigantischen Eingangshalle der Messe Berlin hat, wo unten auch besonders große Motorräder eher klein wirken und sich in der Weite des Raums verlieren.“

So weit die Eindrücke und Einschätzungen des Szenekenners Dieter Schneider. Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Werdet ihr nächstes Jahr wieder nach Berlin fahren? Wem hat das Event gefallen? Und warum ist und bleibt Garmisch der bessere Standort? Bin schon sehr auf eure Reaktionen gespannt. Mail an maderner@syburger.de.

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